Botenstoff 01: 3 Fragen an Prof. Dr. Gerald Hüther

Michael Buttgereit im Gespräch mit Prof. Dr. Gerald Hüther (Gerald Hüther ist Biologe und war als Prof. für Neurobiologie in Forschung und Lehre an der Universität Göttingen tätig. Er ist Vorstand der Akademie für Potentialentfaltung.)

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• Michael Buttgereit (MB): Kann ein Unternehmen Würde besitzen?

• Gerald Hüther (GH): Seine Würde kann nur jemand bewahren, der sich seiner eigenen Würde bewusst ist. Ein Unternehmen ist dazu ja nicht in der Lage, wohl aber die Personen, die dafür verantwortlich sind, wie es in ihrem Unternehmen zugeht. Und wenn dort Mitarbeiter wie Objekte behandelt, also zu Objekten von Anordnungen und Maßnahmen von Erwartungen und Bewertungen gemacht werden, verletzt die betreffende Führungskraft immer zunächst ihre eigene Würde, aber auch die der betreffenden Mitarbeiter, wenn diese keine Chance haben, sich dagegen zu wehren.

• MB: Uns interessiert ja, wie ein Unternehmen für die Gesellschaft das Beste hervorbringen kann und gerade ­damit auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann.

• GH: Sinnstiftung klingt sehr abstrakt, es würde ja völlig ausreichen, wenn sowohl die Führungskräfte wie auch die Mitarbeiter mit ihrem Tun ein gemeinsames Anliegen verfolgten, das allen gleichermaßen am Herzen liegt. Bloße Gewinnmaximierung kann das schwerlich sein, denn vor allem gut ausgebildete junge Leute suchen nach eigenen Gestaltungsmöglichkeiten, nach anspruchsvollen Aufgaben und nach Sinnhaftigkeit in dem, was sie tun. Generell ist davon auszugehen, dass alle automatisierbaren Tätigkeiten in Zukunft zunehmend von Robotern und Automaten ausgeführt werden. Deshalb werden künftig Mitarbeiter gebraucht, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, mitzudenken und komplexe Arbeitsabläufe zu gestalten, die Lust darauf haben, sich einzubringen. Mit Geld lässt sich ein solches Engagement nicht kaufen. Das schenken Mitarbeiter ihrem Unternehmen nur dann, wenn sie sich mit ihm und dem Anliegen, das dort verfolgt wird, auch wirklich verbunden fühlen.

• MB: Warum empfinden wir das Sinnvolle als zutiefst ­befriedigend? Sagt die Hirnforschung etwas dazu?

• GH: Menschen sind keine Maschinen. Sie haben Bedürfnisse. Die beiden wichtigsten sind das nach Zugehörigkeit und Verbundenheit und das nach Autonomie und Freiheit. Kann eines dieser beiden Grundbedürfnisse nicht gestillt werden, fühlt man sich nicht wohl. Im Gehirn entsteht dann ein inkohärenter, sehr viel Energie verbrauchender Zustand. Den versuchen solche Personen dann wieder etwas kohärenter zu machen, indem sie nach einer Lösung suchen, die geeignet ist, diese beiden Grundbedürfnisse zu stillen. Wenn es ihnen gelingt, sich in einer Gemeinschaft mit anderen auf den Weg zu machen, und sie dabei die Erfahrung machen können, dass sie sich mit ihren jeweiligen Kompetenzen einbringen können, dass es auf ihren Beitrag ankommt, dass sie dort anerkannt und wertgeschätzt werden und dass sie gemeinsam mit den anderen Mitgliedern ihres Teams oder den Mitarbeitern ihres Unternehmens etwas schaffen, was kein Einzelner ­jemals zu erreichen imstande wäre und was auch für andere Menschen außerhalb ihres Teams oder Unternehmens wichtig und bedeutungsvoll ist, erlangen ihr Einsatz und ihre Tätigkeit das, was wir als Sinn bezeichnen. Und das wird dann nicht nur als zutiefst befriedigend empfunden. Das setzt dann auch deutlich mehr Kraft, Energie und Kreativität frei als eine noch so gute Bezahlung.

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Website Gerald Hüther
Akademie für Potentialentfaltung